Bibelkreis, 9.4.2022, Mt 16,13-20.

I. Vorwort zum Bibelkreis

Seit mehreren Monaten bin ich in einem kleinen Bibelkreis, in dem wir zusammen Bibeltexte lesen, und uns dann zusammen Gedanken über das Gelesene machen. Wir haben im Neuen Testament angefangen zu lesen und sind nun bei dem Abschnitt Mt 16,13-20 angelangt. In der Regel lesen wir drei Abschnitte in der Lutherbibel von 2017 und sprechen dann über die Abschnitte in nachfolgender Reihenfolge. An manchen Tagen kommen wir zügig voran und an anderen Tagen diskutieren wir über wenige Verse. Gottes Wort ist so reich, dass wir schon mehrere wöchentliche Treffen mit einem Abschnitt zugebracht haben. Der Bibelkreis ist gewinnbringender, wenn wir uns auf den Text vorbereiten. In der Vorbereitung bete ich, lese den Text, mache mir über den Text schreibend Gedanken und schaue in die mir verfügbaren Ressourcen rein, wie etwa in den Grundtext, Wörterbücher und verschiedene Kommentare, je nach dem, wie es die Zeit zulässt. Momentan treffen wir uns online über Skype, zum einen wegen Corona und zum anderen, weil ein Teilnehmer nicht an dem selben Ort wohnt, wo die anderen wohnen.

Wenn du Lust hast auch mal dabei zu sein, bist du herzlich zu unserem Bibelkreis eingeladen. Der Bibelkreis findet momentan in der Regel am Samstag von 10-12 Uhr statt. (Je nach Gespräch kann der Bibelkreis auch länger dauern.) Du kannst mich gerne über meine E-Mail-Adresse kallesuniverse2022@gmail.com erreichen.

II. Vor dem Bibelkreis

Ich fasse hier die wichtigsten Punkte meiner Vorbereitung zusammen:

1. Bibeltext, Matthäus 16,13–20 (LU):

DAS BEKENNTNIS DES PETRUS UND DIE VERHEISSUNG AN IHN

(Mk 8,27–30; Lk 9,18–21)

13 Da kam Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi und fragte seine Jünger und sprach: Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn sei? 14 Sie sprachen: Einige sagen, du seist Johannes der Täufer, andere, du seist Elia, wieder andere, du seist Jeremia oder einer der Propheten. 15 Er sprach zu ihnen: Wer sagt denn ihr, dass ich sei? 16 Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist der Christus, des lebendigen Gottes Sohn! 

17 Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel. 18 Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. 19 Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: Was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein. 

20 Da gebot er den Jüngern, niemandem zu sagen, dass er der Christus sei.

2. Manche geben auch Joh 6,67-69 als Parallelstelle an, die zwar ähnlich ist, aber einen anderen Kontext hat.

3. Die Ereignisse tragen sich in Cäsarea Philippi zu, im Vierfürstentum des Philippus (4.v.-34n.Chr.), im Norden Israels, nördlich vom See Semachonitis.

4. Jesus fragt danach, was die Leute sagen, dass der Menschensohn sei (13). Die Jünger antworten: Johannes der Täufer, Elia, Jeremia oder einer der Propheten. Lk 9,19 spricht sogar davon, dass der Menschensohn nach den Leuten einer der alten auferstandenen Propheten ist. Alle genannten Antworten der Leute sind falsch.

5. Jesus fragt die Jünger die selbe Frage, die ihn besser kennen, weil sie mit Jesus umherzogen. Petrus antwortet: Du bist der Christus, des lebendigen Gottes Sohn! (16).

6. Jesus spricht Petrus zuerst mit Simon und dann mit Petrus an. (17-18).

7. Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel.

Was bedeutet Selig bist du und warum ist er selig, weil ihm Fleisch und Blut das nicht offenbart haben? (17). ,,μακάριος” kann auch mit ,,glücklich” oder ,,glückselig” übersetzt werden.

8. Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: Was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein. (18-19).

Wer oder was ist mit diesen Felsen gemeint? Petrus, wie es die Katholiken lehren? Was bedeutet oder für was steht die Pforten der Hölle und die Schlüssel des Himmelreichs?

9. Was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein. (19). Was meint hier Jesus mit dem Binden und Lösen?

10. Da gebot er den Jüngern, niemandem zu sagen, dass er der Christus sei. (20). Warum gebot Jesus den Jüngern, dass sie niemanden sagen sollten, dass er der Christus ist? In Mk 8,30 bedroht er sie sogar! In Mt 16,20 steht nur von gebot. Lk 9,21 steht beides. Diese Textstellen sind wieder ein schönes Beispiel dafür, wie sich die Evangelien ergänzen. Mt spricht von gebot, lässt also das Bedrohen weg, Mk lässt das Gebieten weg, nennt aber das Bedrohen. Lk erwähnt beides.

11. Noch zu den Parallelstellen: In Mk 8 und Lk 9 wird nicht Jeremia genannt. Lukas 9,18: Und es begab sich, als Jesus allein betete, waren seine Jünger bei ihm; und er fragte sie und sprach: Wer, sagen die Leute, dass ich sei? Die Formulierung hört sich auf den ersten Blick widersprüchlich an, weil er nicht allein sein kann und zugleich mit den Jüngern zusammen. Auf den zweiten Blick wird aber klar, dass er allein betete, also nicht die Jünger mit ihm ihre Gebete sprachen, und seine Jünger in seiner Nähe waren.

12. Weitere Fragen zu dem Text:

  • Warum denken die Leute, dass Jesus Johannes der Täufer, Elia, Jeremia, einer der Propheten ist? Also warum gerade diese genannten Persönlichkeiten?

  • Warum bedrohte Jesus die Jünger und gebot ihnen?

  • Hat die Anrede mit Simon und Petrus eine besondere Bedeutung?

  • Hat es eine besondere Bedeutung, dass die Schlüssel des Himmelreichs im Plural stehen?

13. Notizen zu John MacArthurs Kommentar zu Mt 16,13-20:

  • des lebendigen Gottes (16) ist eine Bezeichnung für den HERRN im Alten Testament, z.B. Dtn 5,26, als Kontrast zu den toten Götzen, z.B. Jer 10,8.

  • (17) Jesus lehrte Petrus nicht die Fülle seiner Identität.

  • Zu Christus oder Messias: Christus/Messias meint ,,der Gesalbte”. Gesalbt wurden im Alten Testament Propheten, Priester und Könige zum Dienst für den HERRN. Jesus ist der ultimative Prophet, Priester, König. Das Bekenntnis des Petrus drückt seinen Glauben an den Messias aus.

  • Petrus meint ,,kleinen Stein”. Petra meint ,,den Grundstein”. Jesus macht hier ein Wortspiel. Jesus ist der Grundstein: Das ist der Stein, von euch Bauleuten verworfen, der zum Eckstein geworden ist. Und in keinem andern ist das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden. (Apg 4,11.12). Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. (1. Kor 3,11). Jesus ist der Kopf der Gemeinde: Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Gemeinde ist – er hat sie als seinen Leib gerettet. (Eph 5,23). Die Apostel hatten aber eine fundamentale Rolle: So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen, erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist, auf welchem der ganze Bau ineinandergefügt wächst zu einem heiligen Tempel in dem Herrn. (Eph 2,19-21). Nach Petrus selbst (1. Petr 2,5-7) ist Jesus der Eckstein.

  • Mt 16,18.19 ist Sondergut.

  • meine Gemeinde (18): Die Gemeinde ist Jesu Gemeinde.

  • Das griechische Wort für Gemeinde (ἐκκλησίαν) kann nach MacArthur mit ,,diejenigen, die herausgerufen wurden” übersetzt werden. (Bauer/Aland: unter anderem: d. universal d. Kirche, in der sich alle Berufenen zusammenfinden.)

  • die Pforten der Hölle (18) bezieht sich auf den Tod, der die mächtigste Waffe Satans ist, und keine Macht hat, die Gemeinde zu stoppen. Siehe Hebr 2,14-15 zum Tod als Waffe Satans: Weil nun die Kinder von Fleisch und Blut sind, hatte er gleichermaßen daran Anteil, auf dass er durch den Tod die Macht nähme dem, der Gewalt über den Tod hatte, nämlich dem Teufel, und die erlöste, die durch Furcht vor dem Tod im ganzen Leben Knechte sein mussten.

  • die Schlüssel des Himmelreichs (19): Diese Schlüssel repräsentieren Autorität und widerhallen Joh 20,23: Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.


III. Bibelkreis

Ich fasse hier wichtige Punkte des Bibelkreises zusammen:

1. Wir haben zuerst noch kurz über den Text von letzter Woche gesprochen, also Mt 16,5-12, wo wir uns über die Worte Jesu Hütet euch vielmehr vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer! (11) besonders Gedanken gemacht haben. Jesus meint mit dem Sauerteig die Lehre der Pharisäer und Sadduzäer (Siehe Vers 12) und wir haben uns gefragt, was zum einen eine angemessene Übertragung des Textes wäre, und zum anderen, was Jesus mit Hütet genau meint. Wir haben diese Lehre mit der Lehre der historisch-kritischen Theologie verglichen. Was das Hütet betrifft, haben wir uns nach dem Grad gefragt, also ob ein starkes Hütet, das eine starkes Meiden oder Abgrenzen wäre, oder eher ein schwächeres Hütet gemeint ist. Letzteres erschien uns angemessen zu sein, ersteres in der Regel zu stark, weil auch Jesus nicht eine starke Absonderung von den Phärisäern und Sadduzäern auslebte, da er sich ja mehrfach mit ihnen auseinandersetzte.

2. Es wurde dann noch nach dem Erkennen einer “richtigen Gemeinde” gefragt und wie wir Gewissheit und Sicherheit angesichts des Zweifels gewinnen können, besonders in theologischen Fragen. Z.B. lässt sich die Marienverehrung nicht mit der Bibel rechtfertigen, aber mit der Tradition der Katholischen Kirche, welche für die Katholische Kirche neben der Bibel eine weitere Autorität darstellt. Wer sola scriptura vertritt, wird die Marienverehrung ablehnen; wer die katholische Tradition neben der Bibel stark macht, kann durch die Tradition (und entgegen der Bibel) die Marienverehrung rechtfertigen. Die Grundvoraussetzungen sind dann entscheidend und die verschiedenen Ansichten über Gott und Theologie haben in den verschiedenen Grundvoraussetzungen ihre Grundlage, aus denen die Ansichten und Urteile über theologische Lehren dann folgen.

3. Zurück zu Mt 16,13-20: Warum bezeichnet sich Jesus als den Menschensohn (13)? Nach den Sach- und Worterklärungen hat Menschensohn mehrere Bedeutungen, hier sind zwei:

  • Menschensohn kann eine verhüllende Selbstbeschreibung sein. Jesus spricht oft von sich als dem Menschensohn.

  • Das antike Judentum erwartete den Menschensohn als Weltenherrscher. Siehe dazu Daniels Vision in Dan 7,13-15: Ich sah in diesem Gesicht in der Nacht, und siehe, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie eines Menschen Sohn und gelangte zu dem, der uralt war, und wurde vor ihn gebracht. Ihm wurde gegeben Macht, Ehre und Reich, dass ihm alle Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen dienen sollten. Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende. Ich, Daniel, war entsetzt, und dies Gesicht erschreckte mich.

4. Die Juden hatten sich damals geeinigt, dass Menschen, die Jesus als den Christus bekannten, aus der Synagoge ausgestoßen werden sollten, was fatale soziale Konsequenzen haben konnte. Siehe dazu die Heilung eines Blindgeborenen in Joh 9.

5. Frank meinte, dass die Fragen Jesu an die Jünger vielleicht ein Test für die Jünger war, den dann Petrus bestand.

Previous
Previous

Bibelkreis, 17.4.2022, Mt 16,13-20.

Next
Next

Jordan Peterson über das Schreiben